Gedichte

Dankbar

 

sehe ich

den roten Milan

aufsteigen,

am Hang

an Höhe gewinnen

und zärtlich

im Gleitflug das Profil

der sanft

abfallenden Hügel

nachzeichnen.

Würde hat wohl auch

seinen Namen.

Sein Schrei meint:

Ich bin hier.

Und während

winddurchwanderte

Baumgesichter

sich mir

wohlwissend

entgegenneigen,

fällt der

Schlüssel hinab:

Ich bleibe.


Fülle

 

Spärlich nur

ist die Tiefe von Licht

durchdrungen.

Scheinbar grundlos, blau, doch

alles ist Botschaft, Gesang,

klingend.

Sich radial weit ausbreitende

Urzeit-Chiffren.

Unterwasserschwingungen.

Entschlüsselt.

Von der Anhöhe aus

sehe ich in der Ferne den Wal.

Gefühlt nah, als er

raumgreifend zum Himmel steigt,

bläst, atmet,

im Fallen sich dreht,

sich den Wellen entgegenwirft,

bewegt, ja gewichtig

den Meeresspiegel durchbricht,

aufwühlt, um noch

im selben Augenblick wieder

abzutauchen, 

kraftvoll hinab zu gleiten

zur Quelle - in die

Klangleitende Dunkelheit.

Schwebend.

Landgang

 

Bugumspült angelandet.

Muschel- und felsenbesetzt

der Ursprung - mein Land.

Wiedergefunden die Welt.

Verschenkte Zeit im Gepäck.

Spät, doch die Brücke hält.

Ein im Anfang wurzelndes,

heimischen Gewässern sanft

entbundenes Glück: Zurück.

Landeinwärts

 

Wehen

Wortgestalten.

Halten

den Duft

vom Meer

in ihren Händen.

Falten

Schiffe aus Papier

in die Luft.

Kurs geändert.

Mein Herz

segelt

mit Salz an Bord.

Vermisst.

Ich bin hier,

lebe.

Heilen

 

Ist wie

im Mondlicht

stehen.

Von Gezeiten

umspült.

Ohne

Kompass App.

Dafür

den Leitstern

im Rücken.

Dunkel

wiedererinnern.

Umarmt.

Stärke

 

Ist gelegentlich

der bloße Eigensinn

eines Nochnicht.

Gerecht?

 

Dem Elend in dieser Welt

vermag ich allein Wut,

Mitgefühl und Verständnis

entgegenzustellen,

Waffen besitze ich nicht.

Verzweiflung zerbricht nur.

Liebe hingegen trägt,

Verstehen fordert heraus.

Wut wiederum ermächtigt

mutig einzustehen für

Freiheit und Gerechtigkeit.

Manche sind

 

Passagiere

in einer blinden Welt.

Umgeben

vom Kosmos des Unmenschen.

Staatenlos.

Ohne Wasser und Saat.

Fremdgelebt.

Verhungert. Geschunden.

Erschossen.

Durch Machtgier und Geld

exekutiert.

Nahegelegt

 

Ist mir ein Schmerz -

Eingehüllt. Verwoben

in lichtfarbene Fäden,

dass ich die Botschaft

sehen, freilegen möge.

Entwirren mein Herz.

Frei

 

Bin ich hier, leicht.

Bekleide Gefühltes

mit Seidenworten.

Verorte mein Sein.

Will nur im Werden

bestehen bleiben.

Weiter noch gehen.

Geerdet. Spielend

mein Ziel erreichen.

Tag

 

Lies mir noch einmal vor

aus deinen Träumen,

flüstere nur jedes Wort

ganz leise mir ins Ohr,

nicht eins von ihnen

möchte ich versäumen.

In deiner Nähe bricht

der Himmel strahlend auf.

Still steht die Dämmerung

im Tal, atmet Licht ein

und Nebel langsam aus

und wie von Zauberhand

wird´s hell und warm

im Land, wieder einmal.

Morgen

 

Der Morgen pocht

an meine Tür

bin wach-

will er zu mir?

Manchmal

(gestehe ich mir ein)

wär´ ich

bei seinem täglichen

Erscheinen

ganz gern verreist,

dann fände er

mein Bett verwaist,

und ich

wäre nicht hier.

Es gibt da noch

den ander´n Morgen

-bei dir-

den kann ich

sehr gut leiden.

Morgenhimmel

 

Ich seh´ dich an und will dich malen

und dann mit dir ganz leicht dahin

im Meer aus glühend heißen Farben

über schneeweiße Hügel zieh´n.

Und spüren will ich, wie die frühe Welt

entzündet sich am ersten Strahl,

der gleißend auch in meine Seele fällt

und mich in seiner Wärme badet.

Mein Bild ist jenes weiche Licht darin.

Land

 

Mich trägt das Land,

der Wald und jeder Baum,

mich tragen Ozeane,

Berge und der Himmel,

und all das trage ich

im Herzen, in meiner Stimme,

und das dazwischen

ist Bewegung nur, ist Reise,

manchmal auch Traum,

Tanz oder Gesang

- und kaum, dass mir

Bekanntes spricht ganz leise,

reiht atmend sich,

auf dich zurückbesinnend,

so eine Ahnung, ein Gefühl

als weiterer Klang

in meinen Kreis mit ein.

Blütenmeer

 

Gedankenverloren bin ich gern -

streue die Samen auf die Wiese,

auf dass ich sie im nächsten Jahr

dankend als Blütenmeer genieße.

Licht

 

Weder

gegründet

noch

verwurzelt

wächst du

durch

die Zeit.

Nur Fenster,

nur Tür.

Farben sind

dir Raum

genug.

Wolf

 

Mein Herz

sehnt sich.

Nach Einsamkeit

verlangt es

meine Seele,

nach einem Ort,

wo Raum und Zeit

ganz still

einander

sich begegnen,

wo die Welt schweigt,

nichts will.

Erwacht,

versüßt du mir

den Schmerz.

Seh´ dich,

ist Wolfszeit.

Wo ich bin

 

Was ich nicht hab´

kommt nicht ins Gesicht.

Ich mach´ mir kein Kleid,

aus dem, was nicht ist

und aus dem, was nie war,

baue ich mir kein Haus,

gebe dafür meine kostbare

Zeit für die Stille aus -

und der Liebe mich hin.

Sie ist da, wo ich bin.

Zwischenzeit

 

Heut liebe ich das lichte, helle Grau,

mag stundenlang nur Wolken schau´n,

mir Wandelluftschlosshäuser bauen

und in den Fluren und Schattierungen

aus Licht und Grau und Blau spazieren.

Wunsch- und ja schwerelos möcht´ ich

im leeren Luftraum mich verlieren und

jenes Zwischenzeitraumleuchten still

bestaunen, auf meinen Weg vertrauen.

Geborgen

 

Aufgehoben

bin ich,

doch lange

war ich

verloren,

im Leerraum

zwischen

den Worten

verborgen.

Worte

 

Reimen sich

zu Gedichten,

Worte schreiben

Geschichten.

Worte können

Waffen sein,

auch ohne

Waffenschein.

Doch verletzen

will ich nicht.

Worte sind mir

eher wie Farben.

Wie Balsam

heilen sie Narben,

und manchmal

sprechen Worte

auch Bände.

Doch eines, eins

können sie nicht:

So unendlich

vielsagend

schweigen wie

deine Hände.

Glücksgeküsst

 

Aufsteh´n, atmen, gehen

(ganz anders als zuvor).

Die Ängste immer noch

(manchmal) umarmen,

geduldig stehen, warten,

bis alles Weinen leise ist.

Doch irgend -wann und

-wo wird sich mein Leben

an mich schmiegen und

glücksgeküsst werde ich

...in seinen Armen liegen.

Abend

 

Verschattet ist die Wand,

mein Augenmerk

gilt jenem Schweigen.

Sanft nimmt es mich

bei seiner Hand.

Wenn anderswo das Lachen

weiter lacht,

darf ich mich aufmachen,

darf gehen,

zieh´ die ideenbestickten

Kleider aus,

lass´ stressverstaubte

Schuhe stehen.

Das Abenddämmerlicht

verändert Orte

und auf dem runden Tisch

entfaltet sich

traumwandlerisch

ein zarter Blütenreigen,

ein Strauß der stillen Worte,

für mich.

Herznah

 

Transparent und mit Reimen beschriftet

falte ich mir meine Traumgedanken

zu achttausend nachtblauen Schiffchen.

Wortwankend und wunschverträumt

der Kapitänin ans Herz gelegt, angelegt,

ja herznah verankert, sicher vertäut.

Bald strafft sich im Mondlicht das Segel.

Blau

 

Unausgesprochenes entgleitet,

wird Ausdruck eines fernen Traums.

Getrennt vom Übermaß an Weite,

das Weiterem entgegenschweigt,

ist alles Meergewand, ist alles Blau.

Ein Finden und ein Neubestimmen.

Einzig mein Herz ist mir ein Haus.

Herz

 

Mein Herz ist

ein Nest.

Holunderfarben.

Angehaucht

von Blütenschnee.

Schwalben.

Reisende Pfeile

im endlosen

Kuppelbau

des Sommers.

Winter ist

im Anderen.

Da draußen.

Dorthin will ich

Licht werfen.

Himmel

 

Ich male alle meine Farben

hinauf ins Himmelsgrau.

Was kann mir schon geschehen?

Ganz gleich, auf welchem Boden

ich gepflanzt, in welchen

Schuhen ich getanzt, denn du

hast mich gesehen. Darum bist du

heut´ bunt für mich und

meine Straße schimmert blau.

Regen

 

Nicht,

dass die Worte

mir entgleiten,

sie mögen fallen,

rauschen

wie ein Regenlied,

das jetzt,

in diesen kühlen Zeiten

mein Herz

in seinem Troste wiegt,

ein Trost,

der wie ein Vogel kam

geflogen,

so federleicht,

so blütenzart -

so hast du ihn

in meine Seel´

gewoben.

Sternennacht

 

Mit Hingabe

lässt

die Nacht

in fernen

Ozeanen

Perlen

wachsen.

Wegweiser

zu einem

neuen Tag.

Ein einziges

großes

Lauschen

wird geboren.

Herbstmorgen

 

Lautlos steht

der Nebel über dem Feld,

noch halb im Traum

und in Erwartung

der aufsteigenden Glut.

Alle Farben des Tages

werden im Feuer

geboren, als ob Berge

glühende Kohlen

und alle Morgen ein

Hauch wären, ein letztes

Aufatmen der Nacht.